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„Das Zimmererhandwerk hat mir die Haut gerettet“

Mit 50 Jahren begann Markus Andres im vergangenen September eine Zimmerer-Lehre. In seinem Beruf als selbstständiger Messebauer sah er keine Zukunft mehr.

Ein Vierteljahrhundert arbeitete Markus Andres als selbstständiger Messebauer – doch dann kamen die Corona-Pandemie und damit Existenzängste. Deshalb startete der 50- Jährige im vergangenen September eine Zimmerer-Ausbildung beim Innungsbetrieb Zimmerei Leopold Göring in Starnberg. Andres sagt: „Das Zimmererhandwerk hat mir die Haut gerettet.“

 

Denn beim ersten Lockdown im vergangenen März wurde Andres schnell klar: „Der Messebau, die Film- und Veranstaltungsbranche haben erstmal keine Zukunft mehr.“ In den vergangenen 25 Jahren baute er Messestände, Veranstaltungsbühnen und Filmsets, etwa für Markus H. Rosenmüllers Kinderfilm „Die Perlmutterfarbe“ oder die Fernsehserie „Die männliche Hebamme“. Doch wegen der Pandemie brachen die Aufträge weg – für den zweifachen Familienvater aus München war das ein herber Schlag.

 

Der zweifache Familienvater sehnte sich nach einem krisensicheren Beruf

 

Deshalb half Andres zunächst einige Monate in der Zimmerei seines Freundes Leopold Göring aus: Als Messebauer brachte er schon Erfahrung mit, etwa im Holzrahmenbau: „Aber keine fundierten Kenntnisse“, erzählt er: „Nach einigen Monaten haben wir beschlossen, dass ich eine Zimmerer-Ausbildung anfange. Denn mir macht die Arbeit mit Holz wahnsinnig Spaß und ich wollte einfach etwas Krisensicheres haben!“ Schließlich konnten Zimmereien während der Lockdowns relativ normal weiterarbeiten.

 

Als Messebauer gestaltete Markus Andes auch Filmsets und Veranstaltungsbühnen.

Markus Andres ist schon immer offen für Neues. Nach der Fachoberschule baute er ein Geschäft für Computer- und Videospiele auf, arbeitete im Telefonmarketing, als Chauffeur und zuletzt eben als Messebauer. Das neue Kapitel mit der Zimmerer-Lehre sah er als „große Chance und eine solide Basis, um ein gutes Handwerk zu lernen“.

 

Gleichzeitig verunsicherte ihn folgendes: „Ich habe mich gefragt: Schaffst du das mit 50 noch? Die meiste Angst hatte ich vor dem Lernen, wie ich mit meinen Berufsschulkollegen auskomme und, ob ich das mit der körperlichen Arbeit auf den Baustellen hinbekomme.“

 

„Nach der Ausbildung will ich wahrscheinlich den Meister machen“

 

Doch seine Ängste waren unbegründet: „Natürlich musste ich das Lernen wieder lernen und bin wohl nicht mehr ganz so fit wie meine 17- und 18-jährigen Kameraden aus der Berufsschule“, lacht er: „Aber da kommt man wieder rein“, vor dem Berufsschulstart hat er sich deshalb mit Geometrie- und Zeichenübungen vorbereitet.

 

Und: Mit seinen Kameraden in der Berufsschule an der Luisenstraße kommt er sehr gut aus: „Es ist sehr erfrischend mit den jungen Leuten zusammen zu sein. Wir waren schon zusammen im Biergarten und ganz nebenbei lerne ich die Jugendsprache, zum Beispiel Wörter wie mega“, lacht er. Die jungen Azubis wiederum profitieren von seiner Berufs- und Lebenserfahrung, so Andres: „Wenn sie beim Zeichnen in der Berufsschule, nicht weiterwissen, fragen sie mich.“

 

Gegenseitige Unterstützung: Markus Andres (2.v.l.) und seine jüngeren Arbeitskollegen kommen gut miteinander aus und lernen voneinander.

Sein Tipp: „Wer mit 50 Jahren noch eine Umschulung macht, sollte für Neues offen sein.“ Ohne die Pandemie hätte er sich wohl nie für diesen Schritt entschieden, aber er sagt heute: „Ich bereu es nicht! Nach der Ausbildung will ich wahrscheinlich den Meister machen. In den Eventbereich trau ich mich garnicht mehr zu schauen.“

Umfangreiches Aufgabenfeld und außergewöhnliche Baustellen

Außerdem errichtet er als Zimmerer endlich Dauerhaftes: „Man sieht einfach, was man baut und das steht langfristig. Bei Filmkulissen war alles immer außen hui und innen pfui.“ Außerdem gefällt ihm folgendes: „Ich arbeite gerne auf dem Dach und mag das umfangreiche Aufgabenfeld: Mal bauen wir eine Dämmung ein, stellen einen Dachstuhl auf, montieren Handläufe oder sanieren ein Bootshaus. Und: Wir sind ein super Team.“

Auch sein Ausbilder Leopold Göring ist zufrieden mit Andres: „Wir sind sehr froh, dass wir ihn haben, weil wir immer einen Mitarbeiter brauchen können. Außerdem hat er einen guten Humor, ist fit und kommt mit den anderen jungen Burschen gut aus.“

Baustelle am Starnberger See: Sebastian Steinbeck (l.) und Markus Andres haben ein Bootshaus saniert. Die Aufgabenvielfalt gefällt Andres als Zimmerer besonders.

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